"Hardy" für Hansa!
Der F.C. Hansa Rostock hat ein neues Gesicht im Bundesliga-Team: Michael Hartmann (30) wechselte am 31. Januar 2005 von Hertha BSC an die Ostsee, unterschrieb einen Vertrag bis 2006 für die Bundesliga, soll hier nun wie der Finne Jari Litmanen den Klassenerhalt sichern…
Hartmann: „Damit wollte ich ein Zeichen setzen, das ich noch an die Rettung glaube. Es ist eine ähnliche schwierige Situation wie mit Hertha im Vorjahr. Ich verzichte auf Geld, weil ich wieder spielen möchte…"
Cheftrainer Jörg Berger gestern: „Litmanen und Hartmann haben genug Erfahrung, um uns zu helfen. Ich erhoffe mir durch beide auch einen neuen Konkurrenzkampf in der Truppe.“
„Hardy“ - Ein Brandenburger für Hansa. Vom jetzigen Wohnort Falkensee bei Berlin ist „Hardy“ in nur knapp zwei Stunden an der Küste…
Mit diesem Blitz-Transfer hat Hansa nach Ronny Maul (2 Länderspiele) einen zweiten deutschen Profi, der sich auch deutscher Nationalspieler nennen darf. Denn Michael Hartmann spielte vier Mal für Deutschland. Kurios: Wie Ronald Maul wirbelt der Abwehr- und Mittelfeldspieler auf der linken Seite des Platzes.
Hartmann kommt mit der Erfahrung von 153 Bundesliga-Spielen (5 Tore) und 87 Zweitliga-Begegnungen an die Küste. Der Schwarzschopf machte in der laufenden Bundesliga-Saison in Berlin die ersten drei Spiele und kam dann im Team von Hertha-Trainer Falko Götz überraschend aufs Abstellgleis. Für ihn spielten U-21-Nationalspieler Malik Fahti und der Brasilianer Gilberto.
Hartmanns Berater Jörg Neubauer zu dem Deal mit Hansa Rostock: „Michael Hartmann ist seit Monaten absolut fit. Hardy will es in Rostock jetzt allen zeigen, das er nicht zum alten Eisen gehört. Er ist heiß…“
Zuvor war Michael Hartmann schon als Spieler von Hannover 96 im Gespräch, auch Ewald Lienen wollte ihn lange Zeit.
Michael zum „kicker“: „Nach zehneinhalb Jahren bei Hertha hatte ich mir meinen Abgang anders vorgestellt. Aber jetzt bin ich froh, dass ich wieder Fußball spielen kann.“
Wie der Rand-Berliner einst zur Nationalmannschaft kam, ist geradezu kurios. Es war im Mai 2003. Deutschland stand vor dem Länderspiel gegen Serbien/Montenegro in Bremen und Teamchef Rudi Völler gingen die Spieler aus. Also, Anruf in Berlin, Hartmann soll sofort an die Weser kommen.
Die Berliner „Morgenpost“ schrieb diese hübsche Geschichte damals so: „Es war gestern um 11.30 Uhr, als Hans-Georg Felder, Pressesprecher von Hertha BSC, auf den Trainingsplatz schlenderte. Die linke Hand in der Hosentasche, das Handy in der rechten steuerte er die Mannschaft an, die am anderen Ende bei den Dehnübungen nach dem Auslaufen war. Felder zog Huub Stevens beiseite, sagte ihm etwas ins Ohr - und über das Gesicht des Trainers zog ein breites Grinsen. "Hardy, komm mal her", winkte Stevens Michael Hartmann herbei. Als der Mittelfeldspieler neben ihm stand, brüllte Stevens in die Runde. "Alle mal herhören: Hardy ist gerade in die Nationalmannschaft berufen worden." Tosender Applaus, lautes Lachen, die Mannschaft war hörbar amüsiert. Nur der Angesprochene stand da und wusste nicht, wie ihm geschah… Die Haare klebten Hartmann nach der Trainingseinheit im Regen am Kopf, er konnte sich nicht zum Strahlen entschließen. Was er sage, wurde er gefragt. Hartmann schaute ins Leere, "Ja, was soll ich sagen?" Da erfüllt sich ein Traum, und dem, der so lange geträumt hat, verschlägt
es die Sprache.“ Michael Hartmann bestritt am 30. April 2003 im Weserstadion sein Debüt, Deutschland gewann 1:0. 90 Minuten hatte Michael in Bremen solide gespielt, genau das gemacht, was er am besten kann: ordentliche Arbeit verrichten. Bis September durfte er bei Völler noch gegen Kanada (4:1), Färöer (0:2) und Island (0:0) ran. Michael Hartmann über seine Zeit damals: „Mit meinen Länderspieldebüt ist für mich natürlich ein Kindheits-Traum in Erfüllung gegangenen.“
Michael Hartmann wurde am 11.07.1974 in Hennigsdorf /bei Berlin geboren, ist in Borgsdorf als Sohn eines begeisterten Fußballers aufgewachsen. Sein zwei Jahre älterer Bruder Sven spielte einst in Oranienburg und bei den Amateuren von Energie Cottbus. Der dritte Bruder im Bunde ist Nesthäkchen Olaf.
In heimatlichen Wohnort Borgsdorf erzählt man sich noch heute: Ein jeder kannte den kleinen schwarzen Wirbelwind, der Tag für Tag auf dem Bolzplatz gegenüber der Kirche dem Ball nachjagte. Der wird mal einer, dachten sich nicht wenige, als sie den superschnellen Jungen dribbeln und Tore schießen sahen…
1981 ging die Karriere unter Übungsleiter Gerhard Blödon los.
Stahl bzw. FSV Forst Borgsdorf, Stahl Hennigsdorf und Stahl bzw. BSV Brandenburg (spielte dort mit René Schneider, Roy Präger und Steffen Freund) hießen die Stationen, bevor „Micha“ am 1. Juli 1994 Berlin zur Hertha ging.
Sein Fußball-Lehrer in Brandenburg: Werner Voigt, einst auch mal Hansa-Trainer. In der Oberliga schaffte Michael Hartmann so 1992 als Youngster auf Anhieb den Sprung in die Stammelf.
Der heutige Hertha-Amateurtrainer Karsten Heine wollte ihn 1994 unbedingt in seiner Mannschaft sehen, entdeckte ihn in Brandenburg in einem Spiel gegen Energie Cottbus.
Seine Zweitliga-Premiere in Berlin gab er am 19. August 1994 im Heimspiel gegen…den F.C. Hansa Rostock! Der F.C Hansa gewann damals 1:0! Unter dem späteren Trainern Jürgen Röber schaffte er 1997 mit dem Hauptstadt-Klub den Aufstieg in die Bundesliga, durchlief zu jener Zeit im Oberhaus eine Flaute, biss sich bei Röber dennoch durch und danach machte er richtig Karriere.
Kurios: Seinen "Durchbruch" im Profifußball schaffte Michael Hartmann eigentlich nicht auf dem grünen Rasen, sondern unterm Dach: Beim Berliner Hallenturnier im Januar 1997 trumpfte er groß auf und wurde mit zehn Treffern Torschützenkönig, bekam postwendend einen Dreijahresvertrag. Michael Hartmann damals: „Das Turnier gab mir einen gewaltigen Schub. Danach war ich ständig dabei, wurde Stammspieler." Auf der linken Seite, obwohl eigentlich Rechtsfuß, war er fortan gesetzt. Einsätze in der A2-Nationalmannschaft und dann eben in der Nationalmannschaft bestätigen seine erfolgreiche Entwicklung. Witzig aus heutiger Sicht: Sein Debüt im deutschen B-Team feierte Michael Hartmann dann Anfang September 1999 beim 1:3 gegen Frankreich als Einwechselspieler, für… seinen neuen Mannschaftskameraden Ronald Maul (!).
Michaels Philosophie als Fußballprofi: „Ich habe immer an mich geglaubt und ich wusste: Einsatz zahlt sich irgendwann aus."
Der holländische Fußballtrainer Huub Stevens hat Hartmann als Coach von Hertha unterdessen mal so beschrieben: „Michael kommt in der Öffentlichkeit oft schlecht weg, weil er nicht so spektakulär spielt. Aber er ist enorm wichtig für die Mannschaft."
So soll es nun auch in Rostock sein.
Kurios: 1994 war Michael schon einmal „zu dritt in einem Auto“ zu Verhandlungen in Rostock. Während Stefan Beinlich und Matthias Breitkreutz damals Verträge unterschrieben, entschied sich „Hardy“ als Brandenburger noch fürs nähere Berlin.
Nach über einem Jahrzehnt sagte Michael Hartmann bei seinem Besuch in Rostock nun doch noch dem F.C. Hansa zu...
Allerdings, die „Rucksack-Berliner“ Michael Hartmann, Lebensgefährtin Elke sowie Tochter Nelle (7) sind gar keine „Stadt-Menschen“, sie lieben eher die Natur, allein schon wegen der Dobermannhündin Jule, mit der Michael so gerne über Wiesen und Felder zieht. Nun hat er den Strand der Ostsee zum Auslaufen…
Was sie noch über Michael Hartmann wissen sollten:
Auf eine einsame Insel würde er mitnehmen: Meine Frau, mein Kind, meinen Hund.
Größter Kritiker: Lebensgefährtin Elke.
Schönster Augenblick seines Lebens: Geburt der Tochter.
Hobbys: Angeln, Squash, Tennis, Bowling, Radfahren, Schwimmen, Golf, Internet.
Sein Lieblingsbuch: Das zweite Gedächtnis von Ken Follet.
Er lacht: ... über Hans-Werner Olm und Kabarett.
Lieblingsschauspieler/in: Mel Gibson.
Sternzeichen: Krebs.
Sein Leibgericht: Fisch mit Spargel und Kartoffeln.
Schönstes Erlebnis: Aufstieg mit Hertha 1997.
Schlimmstes Erlebnis: Mittelfußbruch.
Lieblingsverein: FC Liverpool.
Ein Trikot tauschen würde er gerne mit: Zinedine Zidane.
Der Franzose ist sein Lieblingsspieler.
Sein Lieblingstrainer: Horst Scholz, sein Jugendtrainer in Brandenburg.
Getauschte Trikots kriegt: Bruder Sven, der sammelt sie.
Kuriosester Dialog: Im Hertha-Chat: Frage von Cora: Verdient man als Linksfuß tatsächlich mehr Geld, weil die so spärlich gesät sind?
Antwort von Hardy: Da ich Rechtsfuß bin, kann ich die Frage nicht beantworten…
Sein ehemaliger Nachbar: in Bärenklau war es BFC-und HSV-Spieler Frank Rohde.
Zimmernachbar bei Hertha war: Ex-Hanseat Marko Rehmer.
Rücknummer bei Hertha: 21.
Seine Schuhgröße: "Sechseinhalb". Das entspricht Größe 40.
Michael Hartmann lebt also auf kleinem Fuß. Und das passt irgendwie auch zu dem neuen, bescheidenen Hansa-Profi...
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